Entwurf für EU-Lieferkettengesetz greift zu kurz
Die überarbeitete „Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit“ (Corporate Sustainability Due Diligence – CSDD) bleibt insbesondere bei Geltungsbereich und Pflichten der Verantwortlichen deutlich hinter den Erwartungen zurück.
Brüssel, Februar 2022. Mit Spannung wurde das sogenannte EU-Lieferkettengesetz erwartet. Mit dem vorliegenden Entwurf legt die EU den Grundstein für Schutz von Mensch und Umwelt entlang der Lieferketten europäischer Unternehmen.
„Der aktuell veröffentlichte Vorschlag der Europäischen Kommission ist ein wichtiger Schritt zu mehr Verantwortung entlang der Lieferkette und bewirkt vor allem eine EU-weite Harmonisierung in diesem Bereich. In ihrer jetzigen Form betrifft die Richtlinie aber nur etwa 1 Prozent aller EU-Unternehmen. Was es braucht, ist ein Standard für sämtliche europäische Unternehmen“, erklärt Walter Kern, Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ).
Der vorliegende Gesetzes-Entwurf richtet sich an Unternehmen im EU-Binnenmarkt mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen und einem jährlichen Nettoumsatz von 150 Mio. EUR. In den Risikosektoren Textil, Landwirtschaft und Bergbau sollen die Pflichten bereits für Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen und einem Nettoumsatz von 40 Mio. EUR gelten. Nicht als Risikosektoren definiert sind die Bereiche Transport, Bauwesen, Energie und Finanzen, obwohl es auch hier oft erhebliche Risiken für Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen gibt. Damit bleiben etwa 99 Prozent aller Unternehmen von der Richtlinie unberührt.
Darüber hinaus bleibt die Richtlinie im Bereich der Sustainable Corporate Governance, d.h. bei den Pflichten der Verantwortlichen unklar. Der EU-Entwurf sieht Sanktionen und Bußgelder vor, wenn Unternehmen gegen ihre Pflichten verstoßen, die Beweislastumkehr bleibt aber weiterhin aus, sodass sich Unternehmen ihrer Verantwortung leicht entziehen können.
Die Gemeinwohl-Ökonomie versteht sich als alternatives Wirtschaftsmodell, das auf Werten wie Menschenwürde, Solidarität und soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und Demokratie beruht. Vor diesem Hintergrund ist Mitbestimmung einer der Leitwerte ihres Berichtsrahmens. Sie fordert daher mit Blick auf die Sorgfaltspflichtrichtlinie einen kontinuierlichen und gleichberechtigten Dialog mit allen Interessengruppen.