Angesichts des Klimawandels, der zunehmenden Ungleichheit und anderer Probleme ist unsere gewohnte Weise, wirtschaftlichen Erfolg zu messen, ungeeignet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sagt nichts Verlässliches über das Wohlergehen der Menschen und die Intaktheit der Ökosysteme des Planeten aus. Es gibt keine Auskunft darüber, wie gut oder schlecht es den Menschen in einer Volkswirtschaft geht.
Das Gemeinwohl-Produkt ist dagegen ein innovatives Instrument, das von Politik und Gesellschaft genutzt werden kann, um die Zielerreichung direkt zu messen. Anstelle von endlosem materiellen Wachstum misst es das Wohlergehen der Menschen, angefangen bei Gesundheit und Zufriedenheit bis hin zu sozialem Zusammenhalt und Verteilungsgerechtigkeit sowie politischer Mitentscheidung und ökologischer Stabilität.
Was ist das Gemeinwohl-Produkt?
Das Gemeinwohlprodukt ist ein Instrument, das die wirtschaftliche Erfolgsmessung an die Ziele und Grundwerte einer Gesellschaft anpasst. Diese können auf demokratische Weise durch einen Bürger*innen-Rat oder einen Wirtschaftskonvent festgelegt werden. Die Bürger*innen können ihre Vorschläge für die wichtigsten Ziele, die gemessen werden sollen, einreichen. So können Lebensqualität, das Wohl aller oder eben das Gemeinwohl gemessen werden. Von allen Vorschlägen könnten zum Beispiel die 20 wichtigsten Teilziele in das endgültige Gemeinwohl-Produkt aufgenommen werden. Beispiele hierfür wären: keine Armut, Gesundheit und Bildung, biologische Vielfalt und Klimastabilität oder politische Mitentscheidung und Friede. Mithilfe von Expert*innen könnten die Teilziele operationalisiert und das Gemeinwohl-Produkt im Vergleich zum Vorjahr oder anderen Ländern gemessen werden.
Das Gemeinwohlprodukt ist ein leicht verständliches, partizipatives Instrument, das auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene funktioniert. Es lässt sich hervorragend mit anderen Elementen der Gemeinwohl-Ökonomie kombinieren, wie beispielsweise der Gemeinwohl-Bilanz oder der Gemeinwohl-Region (siehe 10 Prototypen).
Wie kann das Gemeinwohl-Produkt unsere Wirtschaft verändern?
Warum ist das BIP problematisch?
Was wächst, wenn das BIP wächst, ist nicht unbedingt Getreide, Ernährungssicherheit, erschwinglicher Wohnraum, sinnvolle Arbeit, gesunde Ökosysteme oder gar Frieden und Vertrauen. Das BIP-Wachstum ist lediglich eine Aggregation von monetären Markttransaktionen, wie die Produktion und der Verkauf von Lebensmitteln und gezuckerten Getränken, Fahrrädern und Flugzeugen, Gebäudereinigung und Finanzdienstleistungen oder Waffen und Ackergifte – ganz unabhängig davon, ob sie zum menschlichen Wohlergehen und zur Gesundheit des Planeten beitragen oder das Gegenteil der Fall ist. In den letzten Jahren haben sich BIP-Wachstum und Lebensqualität und -zufriedenheit zunehmend entkoppelt. In den USA sogar die Lebenserwartung.
Das BIP misst:
Das Gemeinwohl-Produkt misst:
Stand der Dinge: erste Prototypen
- Spanien: Das andalusische Dorf Guarromán ist die erste europäische Gemeinde, die einen Prozess zur Erstellung einer Gemeinwohl-Bilanz unter Beteiligung ihrer Bürgerinnen und Bürger beschlossen hat. Der Prozess ist derzeit im Gange.
- Deutschland: In Münster arbeiten die Bürgerinnen und Bürger an einem Stadtteil-Gemeinwohl-Produkt. In zwei „Hansa-Konventen“ im Juni und Oktober 2019 entschieden sie über 20 Werte und Ziele, die in das Gemeinwohl-Produkt aufgenommen werden sollen. Minden, eine weitere deutsche Stadt, organisierte 2019 ebenfalls einen Bürger*innenkonvent mit einem breiten Spektrum von Akteuren. Die Stadt Marburg entwickelt einen Glücksindex, der auf den Grundsätzen der Gemeinwohl-Ökonomie basiert.
Die GWÖ bietet Unterstützung und Beratung für Städte, Regionen und nationale Regierungen, die an der Erstellung eines Gemeinwohl-Produkts interessiert sind.
Weltweite Entwicklungen, die das BIP ersetzen oder ergänzen
Rückfragen senden Sie bitte an die AG Gemeinwohlprodukt: gemeinwohlprodukt@econgood.org