„All you need is less” Eine Kultur des Genug aus ökonomischer Sicht
Auf Einladung des Vereins Gemeinwohl-Ökonomie hielt am vergangenen Donnerstag der deutsche Volkswirt Dr. Niko Paech im Altacher KOM einen Vortrag zum Thema „All you need is less – eine Kultur des Genug aus ökonomischer Sicht“
Dr. Niko Paech (62) lehrt und forscht an der Universität Siegen als außerplanmäßiger Professor im Bereich der Pluralen Ökonomik. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem im Bereich der Umweltökonomie, der Ökologischen Ökonomie und der Nachhaltigkeitsforschung. Paech hat in Deutschland den Begriff der „Postwachstumsökonomie“ geprägt und gilt als beharrlicher Kritiker des Wachstumsdenkens.
Er vertritt u.a. die Auffassung, dass eine Arbeitszeit von 20 Stunden ausreichen würde, um das für ein genügsames und erfülltes Leben notwendige Einkommen zu erzielen. Die anderen 20 Stunden könnten dann in gemeinnützige Arbeit, Nachbarschaftshilfe, Eigenproduktion von Lebensmitteln, Reparaturarbeiten etc. fließen.
Seiner Meinung nach ist es nicht möglich, Klimaschutz und Wohlstand in Einklang zu bringen. Mit dem sogenannten grünen Wachstum, einer Kombination von Wachstum und deutlich erkennbarem Umweltschutz, werde das System trotzdem früher oder später an seine Grenzen stoßen.
Dr. Peach hält nicht viel von Verboten, er vertraut vielmehr darauf, dass ein Mensch, der frei in seiner Entscheidung ist, auf Dauer nicht vor der Verantwortung gegenüber der Umwelt wegrennen kann.
Er fordert die verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürger auf, ihr Leben zu entrümpeln. Wer den Blick für das Wesentliche verliert, endet seiner Meinung nach oftmals in Krankheit und Depression. Eine Reduktion des Konsumverhaltens bedeutet für ihn nicht Verzicht, sondern Selbstschutz.
Knappe Ressourcen sollten dort eingesetzt werden, wo sie am Dringendsten gebraucht werden. Zukunftsfähige Unternehmen müssten es schaffen, aus Konsumenten Prosumenten, eine Kombination von Produzent und Konsument, zu machen. Mit dem Verkauf eines Produktes soll auch die Befähigung weitergeben werden, ein Produkt länger nutzbar zu machen. Für unsere Großväter war es noch selbstverständlich, Wartungen und kleine Reparaturen selbst auszuführen. Als Vorbild nennt er das Wiener Reparatur- und Servicezentrum R.U.S.Z., das durch ein Franchisesystem schon an zahlreichen Standorten vertreten ist.
In weiterer Folge vergleicht der Vortragende Kompensationszahlungen und ein vermehrtes Ausweichen auf ökologisch verträglichere Produkte mit dem Ablasshandel der Kirche im Mittelalter.
Solche Maßnahmen dienten oftmals als Alibi, um das Leben in der gewohnt komfortablen Form weiterzuführen. Er glaubt an einen Wandel durch eine soziale Kettenreaktion. Je mehr Nachahmer es gebe, umso wahrscheinlicher werde eine Veränderung. Auf jeden Fall sei es besser aktiv zu werden, als auf Lösungen der Politik zu warten.
Für eine Zukunft nach seinen Vorstellungen brauche es wieder vermehrt das Handwerk und Rückbauprogramme. Auf die Frage eines Zuhörers, weshalb er trotz mäßiger Erfolge nicht aufgebe, antwortete Professor Paech, dass er keinen Grund zur Resignation sehe. Mit Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen könne man Einiges bewirken. Die wachsende Reparaturbewegung und die solidarische Landwirtschaft nennt er als Beispiele für eine positive Veränderung.
Den Klimaaktivismus sieht er positiv, schließlich werde ja in erster Linie die Umsetzung bereits beschlossener Klimaziele gefordert. Bedingung sei jedoch ein authentisches Verhalten. Er zitiert dazu Mahatma Ghandi: „Sei du selbst die Veränderung, die du in der Welt sehen willst.“
Im Rahmen des Vortragsabends wurden von Obmann Gerhard Müller drei Unternehmen geehrt, die die Erstellung einer Gemeinwohlbilanz mit Erfolg abgeschlossen haben (Firma Tectum – Spenglerei und Bauwerksabdichtung, Müller Ofenbau, Unternehmensberatung Reinhard Decker). Unter den zahlreich erschienenen Gästen wurde anschließend im Foyer noch eifrig über das Gehörte diskutiert.
Impressionen:
Dr. Paech war an diesem Tag auch bei „Neues bei Neustätter“ zu Besuch – hier ist dieses Radiointerview nachzuhören: