🌱 Nachschau 2025 | Sommerwoche der Gemeinwohl-Ökonomie im DACH-Raum🌱

1. bis 6. August 2025 in Karlsruhe (D)

Lieben Dank an Daniel für diese schöne Nachschau.

Ein persönlicher Einblick von Daniel Bogner-Haslbeck

Irgendwas mit Gemeinwohl und irgendwas mit Spiritualität – das konnten rund 80 Menschen vier volle Tage auf der Sommerwoche 2025 der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) am Thomashof bei Karlsruhe erleben.

Vom 1. August bis zum 6. August kamen gemeinwohl-engagierte Menschen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum zusammen, um sich auf unterschiedlichsten Ebenen den Werten und Handlungsfeldern der GWÖ zu widmen. Dabei kamen alte GWÖ-Hasen und Menschen zusammen, welche vor kurzem das erste Mal von der GWÖ gehört hatten. Im Open Space Format wurde täglich eine Wundertüte an Programmpunkten kreiert, aus der sich jede und jeder mehrere Schmuckstücke aussuchen konnte. Die Programm-Formate reichten von offenen Austauschrunden über Theater-Workshops und Waldspaziergänge bis hin zu spirituellen Gesprächskreisen. Das tägliche Morgen- und Abendprogramm mit Angeboten von „Irgendwas mit Spiritualität“ über Bier-Yoga, Mantra-Singen, Jodeln, Forró-Tanzen, Hip-Hop, Partnering / Contact Improvisation lernen bis hin zu Ecstatic Dance sorgte für ausreichend körperliche Bewegung und Ausgleich. Einige besonders Tanzbegeisterte initiierten daraufhin direkt die Gründung einer Aktionsgruppe „Tanz“ mit dem Motto „Bewegung fürs Gemeinwohl“. Die freien Formate luden dazu ein, zu experimentieren, Neues zu wagen, aus sich selbst herauszugehen und die persönliche Komfortzone zu erweitern.

Ein täglicher Morgenimpuls brachte uns alle im großen Kreis zusammen. My Tribe is Humanity – Mein Volk ist die Menschheit: Durch eine bewegende Geschichte des afrikanischen Staates Sambia wurden wir dazu eingeladen, unseren kulturellen Blick zu weiten. Ein weiterer Tagesimpuls eröffnete uns Einblicke in den Transformationsprozess der GWÖ-Bewegung, mittels Gedanken eines soziokratischen Organisationsentwicklungsprozesses, als Übergang von einer Graswurzelbewegung zu einer sich entfaltenden Organisation. Es ging dabei darum, das „Haus der GWÖ“ aufzuräumen und Ordnung zu schaffen. Programmpunkte rund um Organisationsentwicklung und gute Entscheidungskulturen prägten die Sommerwoche und konnten auf vielfältige Weise erprobt werden.

Ein anderer Tag begann mit einer kurzen Lesung über die „Kunst des Friedens“ aus dem Buch „Das Lebendige lebendiger werden lassen“ von Hans-Peter Dürr. Das Lernen von den Plussummenspielen der Natur, gewaltfreien Konfliktbearbeitungen statt Krieg, und Trainieren unserer Sensibilität für Unspektakuläres lassen uns regenerieren. Das Global Challenges Network sowie ein Wörterbuch des Wandels laden dazu ein, diese Welt der Lebendigkeit zu erkunden. Wir summten im Kreis, gingen in Resonanz und stimmten uns aufeinander ein.

In der täglichen Ernte/Lese wurde mit Dankbarkeit auf den Tag zurückgeblickt und die zahlreichen Geschenke geerntet und miteinander geteilt. Wie Dankbarkeit ausgedrückt werden kann, insbesondere für all diejenigen Personen, welche häufig nicht im Rampenlicht stehen, sondern unauffällig im Hintergrund wirken, damit beschäftigte sich eine Gruppe und erarbeitete Ideen für eine wertschätzende Dankeskultur. In Form einer Ressourcendusche durften einige Engagierte Dankbarkeit geben und annehmen.

Die täglichen Open Spaces waren gut befüllt und besucht. Viele Workshop-Angebote drehten sich um die Werte der GWÖ. So versuchten wir, unsere Werte (Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit, Transparenz und Mitbestimmung) im Werte- und Entwicklungsquadrat nach Friedemann Schulz von Thun darzustellen. Dabei suchten wir nach positiven Gegenwerten, sogenannten Schwestertugenden, mithilfe welcher sich unsere Qualitäten wie ein Regenbogen entfalten können. Wie unsere Gesellschaft mehr zusammengebracht werden kann, durch lokale Pilotprojekte sowie auch auf nationaler sowie globaler Ebene, damit beschäftigten sich verschiedene Kreise mit unterschiedlichsten Ansätzen. Die Werkzeuge für Veränderung umfassten dabei die individuelle, Gruppen-, sowie kollektive Ebene, inklusive dem Blick über die menschliche Ebene hinaus. Mit einer visionären Regnose-Aufstellungsarbeit versuchten wir einen Blick in mögliche Zukünfte zu wagen und Schritte dorthin zu identifizieren. Was braucht es heute, dass eine Gemeinwohl-Gesellschaft für künftige Generationen Realität wird?

Kulturelle Veränderung durch Theater? Wie das möglich ist zeigten uns die drei Engagierten vom Geld-Wandel-Theater. Humorvoll brachten sie uns in zahlreichen Workshops verschiedene Ansätze für ein menschenwürdiges Geldsystem näher, darunter die Humane Marktwirtschaft nach P. Gesenko, PROUT nach Sakar, Gradido und die Soziale Dreigliederung nach Rudolph Steiner. Äußerst spannend war es, die sich ergänzenden Punkte der unterschiedlichen Ansätze für Wirtschaft, Geld und Gesellschaft mit dem Modell der GWÖ zusammenzubringen und ihre Umsetzbarkeit zu vergleichen. Jedes Geldsystem oder Wirtschafts-/Gesellschaftskonzept hat eine Ethik und ein Wertekonstrukt – die Frage ist nur – wie sehen diese aus und dienen sie uns und unserer Mitwelt? Neben der inhaltlichen Beschäftigung mit diesen Ansätzen vermittelte das Geld-Wandel-Theater Freude, Leichtigkeit und Heilungsarbeit durch die Möglichkeit, selbst Theater zu spielen, kombiniert mit Gesellschaftskritik.

Zahlreiche Spaziergänge und Wanderungen luden dazu ein, Gemeinwohl auf eine andere Art und Weise zu erfahren. So beschäftigte sich eine Gruppe auf einem Landwirtschaftsspaziergang mit gemeinwohlorientierten Formen von Ernährung und Landwirtschaft. Den massiven Schäden, welche unsere heutige Form der überwiegend praktizierten Landwirtschaft produziert, wurden andere Arbeitsweisen gegenübergestellt, wie Agroforst, Streuobst, Permakultur, FoodCoops, SoLaWis, mit dem Motto: Multiplizieren statt skalieren.

Gruppenformate dienten der Bildungsarbeit, der Beschäftigung mit Unternehmensdemokratie und demokratischer Führung, Kirchen und Gemeinwohl, Gemeinwohl-Wohnprojekten, Wählen für das Gemeinwohl, Gemeinwohl in der Arztpraxis und im Gesundheitswesen sowie der Utopieentwicklung und Selbstliebe. Sie drehten sich auch um KI und Gemeinwohl (sowie der Fragestellung nach natürlicher Intelligenz), das partizipative Begreifen mittels LEGO Serious Play, diverse spielerische GWÖ-Bildungsmaterialien sowie GWÖ und Kinder. Das Erproben des 3-Horizonte-Modells zeigte Möglichkeiten und Grenzen eines Konzeptes auf, um sich mit Innovationen und gesellschaftlicher Transformation zu beschäftigen. Außerdem wurde die Maria Opitz-Döllinger Stiftung vorgestellt, welche einigen Teilnehmenden der Sommerwoche das Dabeisein überhaupt erst möglich machte.

Einige Arbeitsgruppen beschäftigten sich auch mit provokativen Fragestellungen und „schweren“ Themen, wie der Auseinandersetzung mit (rechts-)extremen Menschen, Geschlechterklischees in der GWÖ, Umgang mit „schwierigen“ Gesprächsmustern oder der Fragestellung, ob GWÖ-Werte mit Waffen geschützt werden können. Eine Erkenntnis daraus, durch die Weisheit eines Kindes: Die stärkste Waffe ist das Wort.

Premiere auf der Sommerwoche war auch die Erprobung einer Kurzform eines demokratischen Wirtschaftskonvents. Wir wollten damit einen Ansatz einer souveränen Demokratie ausprobieren. Denn in den letzten Jahren verzeichnen zahlreiche Staaten weltweit einen Rückgang an Demokratie hin zu autokratischen Strukturen. Neben dem demokratischen Wirtschaftskonvent gibt es zahlreiche weitere Elemente, welche in einer Gemeinwohl-Demokratie eine Rolle spielen könnten, so unter anderem Bürger*innen-Räte oder die Initiation eines Verfassungskonvents sowie Konvente zu weiteren Strukturen wie dem Gesundheits- und Geldsystem, der Medienlandschaft oder der Daseinsvorsorge. Ein realer demokratischer Konvent hätte gegenüber unserer Probe-Variante eine Dauer von 1-2 Jahren mit doppelt so vielen Partizipierenden. Wir sind gespannt, wie sich verschiedene Formen von Demokratie bei der GWÖ sowie bei weiteren Organisationen wie u.a. Mehr Demokratie e. V. in der Praxis erweisen und wie sie unserer Gesellschaft dienen können.

Die GWÖ Sommerwoche 2025 ging nicht zu Ende ohne einen wundervollen Ausblick: Und zwar mit Blick auf die Sommerwoche 2026 in Österreich, dem Ursprungsland, in welchem die GWÖ vor bald 15 Jahren entstanden ist. Die Vorbereitungen laufen bereits und viele Menschen freuen sich jetzt schon riesig darauf. Bis es so weit ist, wird die GWÖ-Bewegung auf vielfältige weitere Art und Weise Menschen bewegen, im Innen wie im Außen, und sich weiter mit ihren Werten und Werkzeugen auseinandersetzen, um ein gutes Leben für alle (Lebewesen), jederzeit und überall, aktiv mitzugestalten. Sei dabei und Tu Du’s. Gemeinsam können wir die Welt bewegen.

🌱 Aviso 2026 | GWÖ Sommerwoche: 5.-10. Juli im Karlingerhof am Achensee (AT) 🌱

Herzlichen Dank

an das wunderbare Organisationsteam, das uns diese Woche ermöglicht hat. Vielen lieben Dank an Alf, Andrea, Carola, Georg, Jo, Mette, Sonja, Susanne, Therese und Tilman.

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