Nachschau WU Event 28. März 2025 »Wohlstand neu denken«

Film PURPOSE und Diskussion. Demokratische Ansätze für eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik

Fast 200 Menschen kamen am 28. März 2025 im Festsaal der WU Wien zusammen, um zentrale Fragen unserer Zeit zu diskutieren: Was bedeutet Wohlstand wirklich – und wie soll Wirtschaftspolitik künftig gestaltet sein?

Der neue Film PURPOSE von Martin Oetting lieferte den Anstoß: eine kritische Auseinandersetzung mit dem Bruttoinlandsprodukt und ein Plädoyer für Wellbeing Economies.

In der anschließenden Diskussion mit Vertreter*innen aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft – darunter Franziska Disslbacher, Christian Felber, Gabriel Felbermayr und Linda Simon – wurde deutlich:

Die Zeit ist reif für neue Leitbilder und echte demokratische Beteiligung an der Wirtschaftspolitik.

Siehe dazu die Videonachschau bzw. unseren ausführlichen Artikel mit Zitaten.

Videonachschau des Events in drei Teilen

Einleitung und Film PURPOSE
mit Martin Oetting

Vortrag mit Christian Felber

Podiumsdiskussion
»Wohlstand neu denken«

Presseberichte

07.04.2025 – Businessart – Wohlstand neu denken

02.04.2025 – Forum Nachhaltig Wirtschaften (D) – „Wohlstand neu denken“ – Nachschau zum Event der Wirtschaftsuniversität Wien, 28. März 2025

Fotonachschau

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Nachschau

WU Event 28. März 2025 »Wohlstand neu denken«

Film PURPOSE und Diskussion. Demokratische Ansätze für eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik

Am Freitag, den 28. März 2025, haben sich fast 200 interessierte Menschen im großen Festsaal der WU Wien eingefunden, um auf Einladung der Gemeinwohl-Ökonomie und des ISSET (WU Wien) gemeinsam zu hinterfragen, was Wohlstand in Zukunft bedeuten kann.

Anlass gab der neue Film PURPOSE von Martin Oetting, der die Kritik am Bruttoinlandsprodukt als Leitstern der Politik zusammenfasst und eindrücklich die internationale Lobbyarbeit für Wellbeing Economies zeigt. “Nachdem 2016 so viele politische Erdbeben passiert sind, habe ich genauer hingeguckt und angefangen, zu fragen: Was liegt dahinter? Was funktioniert hier so schlecht? Und je mehr ich gelesen und mit Leuten gesprochen habe, desto mehr habe ich gemerkt: Es geht letztlich immer um die Wirtschaft. Die Wirtschaft scheint das Problem zu sein”, erklärte der Filmemacher seine persönliche Motivation.

Dass es um die Wirtschaft geht, meint auch der Gemeinwohl-Ökonomie Gründer Christian Felber. Aber “This is not Economy!” – Das ist nicht Ökonomie! – lautet der Titel eines seiner Bücher und auch im Festsaal der WU erläuterte er seine scharfe Kritik an der herrschenden Ökonomie, die in Wahrheit gar keine sei. Um die Wirtschaft vom Kopf auf die Füße zu stellen, brauche es eine “Hochzeit aus Bottom-Up und Top-Down”. Durch Bürger*innenbeteiligung soll ein neuer Gemeinwohl-Leitstern für die Wirtschaftspolitik entstehen, denn das BIP messe gar nicht den Wohlstand.

Erstaunlich war für viele Teilnehmende, dass am Podium zu diesem Punkt Einigkeit herrschte. “Ich bin Ökonom und für mich ist das Ziel des Wirtschaftens das, was bei den Menschen Nutzen stiftet und nichts anderes. Da gehen viele Dinge ein, die wir mit dem BIP nicht messen”, positionierte sich Gabriel Felbermayr, Chef des WIFO. Man solle gemeinsam daran arbeiten, diese Diskussion und dieses Wissen mehr in die Öffentlichkeit und politische Wahrnehmung zu bringen. Auch Franziska Disslbacher, die am ISSET zu Verteilungsfragen forscht, kann die Fokussierung der Wirtschaftsberichterstattung auf das Bruttoinlandsprodukt nur schwer nachvollziehen. Einen Grund dafür sieht sie darin, dass es den Anschein der Objektivität erweckt, während anderen Indikatoren schnell Normativität unterstellt werde. Außerdem setze es sich immer wieder durch, “weil es einen starken Zusammenhang gibt zwischen jenen, die von BIP-Wachstum tendenziell profitieren und jenen, die sich überhaupt politisches Gehör verschaffen können”, so Disslbacher.

Wie dieses Dilemma überwunden werden kann, darüber herrschte wiederum nicht nur Einigkeit unter den Diskutant:innen. Linda Simon, Jugendpartizipations-Profi und Geschäftsführerin von YEP, brach eine Lanze für klar definierte Wirksamkeit von Beteiligungsprozessen: “Es muss im Vorhinein ganz klar sein, wir machen den Prozess, so schaut er aus und diese Wirkung hat der Prozess.” Menschen können sich, unter Hilfestellung von Expert*innen, sehr wohl auch zu komplexen Themen auf realistische Vorschläge einigen. Wichtig sei jedoch, die Anbindung an das politische System gut zu gestalten, da es sonst zu Frustration komme.

Gabriel Felbermayr zeigte sich skeptisch, einen „Parallelprozess“ zum Parlament zu schaffen. Es sei Aufgabe des Parlaments, Wirtschaftspolitik zu gestalten. Er plädierte dafür, die Gewichtung verschiedener Wohlstandsfaktoren im Rahmen partizipativer Forschung mit Bürger*innen vorzunehmen. Dem gegenüber steht der radikaldemokratische Ansatz der Gemeinwohl-Ökonomie, gelosten Bürger*innen das Heft in die Hand zu geben:

Felber schlug vor, “dass die fundamentalen Ziele von der Bevölkerung in einem Bürger*innen-Beteiligungsprozess komponiert werden und dann die interdisziplinäre Wissenschaftsgemeinde beauftragt wird, die entsprechende Indikatorik zu entwickeln”. Idealerweise fände sich auch unter den gewählten Repräsentant*innen im Parlament eine Mehrheit, den auf diese Weise entstandenen Gemeinwohl-Index in Gesetze zu gießen. Ansonsten sei eine Volksabstimmung zu der Frage abzuhalten, argumentierte Felber.

Das WIFO, die GWÖ und weitere wollen gemeinsam dazu eine Folgeveranstaltung organisieren. Denn am Ende der spannenden Podiumsdiskussion stand fest: diese Debatte verdient mehr Aufmerksamkeit!

Einladung

WU Event 28. März 2025 »Wohlstand neu denken«

Film PURPOSE und Diskussion. Demokratische Ansätze für eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik

15 h Film & Interview | 16 h Austausch im Publikum | 17 h Podiumsdiskussion

Ungeachtet der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts verschlechtert sich die Zufriedenheit vieler Menschen, die ihre Zuversicht in die liberale Demokratie langsam verlieren. Im neuen Ungeachtet der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts verschlechtert sich die Zufriedenheit vieler Menschen, die ihre Zuversicht in die liberale Demokratie langsam verlieren.

Im neuen Film PURPOSE – A Wellbeing Economies Film dokumentiert Martin Oetting die ausdauernde Lobbyarbeit von Katherine Trebeck und Lorenzo Fioramonti, die mit ambitionierten politischen Projekten für eine ganzheitliche Berücksichtigung des Wohlergehens kämpfen. Ausschnitte daraus geben Einblick in die fragilen Mühen des Top-Down-Ansatzes. Der Regisseur wird live zu seinem Werk interviewt.

Angesichts des Trends zu mehr Bürger*innen-Beteiligung stellt diese Veranstaltung die Frage, wie neue Maßstäbe für Wirtschaftspolitiken partizipativ entwickelt werden können. Christian Felber wird einen praktischen Weg zu einem ganzheitlichen Wohlfahrtsmaß skizzieren, der auf das breite Fundament eines Bottom-Up-Ansatzes setzt.

Nach den Inputs werden die Teilnehmenden in einem partizipativen Prozess zu ihren Vorstellungen über ein sinnvolles Wohlfahrtsmaß befragt. Ihre Vorschläge und Fragen werden abschließend von Expert*innen auf dem Podium diskutiert.

Franziska Disslbacher ist Assistenzprofessorin an den Instituten Spatial and Social-Ecological Transformations (ISSET) und Economics of Inequality (INEQ) am Department Sozioökonomie der WU. Sie forscht u.a. zu Wirkungen sozialer, wirtschaftlicher und politischer Institutionen und Mechanismen auf die Verteilung von Wohlstand. Für den Guten Rat für Rückverteilung von Marlene Engelhorn war sie als Sachverständige tätig.

Christian Felber ist freier ­Publizist, Tanzperformer und Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie. Er hat an mehreren Hochschulen unterrichtet und war als Fellow und Scholar am IASS Potsdam (heute RIFS) tätig. 17 Bücher zu Wirtschafts- und Gesellschaftsthemen, darunter „Gemeinwohl-Ökonomie“ (SPIEGEL-Bestseller), „Ethischer Welthandel“ oder „Geld. Die neuen Spielregeln“. Lehrpreis der Universität Graz und ZEIT Wissen-Preis “Mut zur Nachhaltigkeit”.

Gabriel Felbermayr ist ­Direktor des WIFO und Universitätsprofessor an der WU. Seine Forschungs- und Beratungstätigkeit konzentriert sich auf Fragen der internationalen Handelstheorie und -politik, der Arbeitsmarktforschung, der europäischen Wirtschaftsintegration und auf aktuelle Themen der Wirtschaftspolitik.

Linda Simon ist Geschäftsführerin von YEP – Youth Empowerment Partizipation, ein soziales Unternehmen zur Stärkung der Jugend durch wirkungsvolle Beteiligung. Sie organisiert und gestaltet Partizipationsprozesse und macht damit gelingende Demokratie erlebbar.

Moderatorin Ines Omann verbindet die beiden Felder der Wirtschaftswissenschaft und der demokratischen Partizipation. Sie ist ökologische Ökonomin und Umweltsystemwissenschafterin mit dem Forschungsschwerpunkt sozial-ökologische Transformation und hat u.a. den ersten österreichischen Klimarat der Bürger*innen maßgeblich mitgestaltet.

Film PURPOSE

Filmemacher Martin Oetting hat zwischen 1999 und 2016 in der Werbung gearbeitet; seit 2017 entwickelt er Geschichten und mediale Formate zum notwendigen Wandel zu einer sozial und ökologisch nachhaltigen Welt.

Wiener Filmpremiere PURPOSE

Film-Matinee am 6. April 2025 um 13 Uhr im Filmhaus Spittelberg: filmcasino.at/film/purpose/